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Fackelwanderung durch den Landschaftspark Duisburg-Nord

Was macht man mit den vielen Industriebrachen, die viele Städte des Ruhrgebiets prägen? In Duisburg hat man sich etwas ganz Besonderes überlegt und aus einem alten Hüttenwerk einen Landschaftpark gestaltet.

Insbesondere in der Nacht ist das beeindruckend, denn die verbliebenen Installationen rund um die alten Hochöfen werden dann eindrucksvoll angestrahlt. Und so brachen wir Ende 2020 am letzten Wochenende vor dem seinerzeitigen erneuten Corona-Lockdown auf, um bei einer geführten Fackelwanderung den Landschaftspark Duisburg-Nord zu erleben.

Früher war das alles einmal ein Hüttenwerk. In einer solchen Eisenhütte wird in Hochöfen aus dem Erz das Roheisen gewonnen, das dann später in den nahe gelegenen Stahlwerken zu Stahl unterschiedlichster Güteklassen weiterverarbeitet wird. Dazu braucht man nicht nur jede Menge Eisenerz, sondern auch Kohle, mit der die Hochöfen angeheizt werden.

Diese Nutzung prägte den Charakter des Ruhrgebiets, in dem schon seit dem 13. Jahrhundert nach Kohle gegraben wurde. Später, mit der Industrialisierung, wurde aus den kleinen Städten und Dörfern der Region der heutige Ballungsraum, den wir als Ruhrgebiet oder auch als Metropole Ruhr kennen.

Doch der Strukturwandel und der immer aufwändigere Abbau der Steinkohle unter Tage führten dazu, dass immer mehr Zechen geschlossen wurden. Auch diverse Stahlwerke und Eisenhütten schlossen nach und nach ihre Tore und als eine der kleinsten Eisenhütten wurde das Hüttenwerk in Duisburg-Meiderich schließlich stillgelegt.

Heute ist das ehemalige Hüttenwerk ein eindrucksvoller Landschaftspark und nicht nur ein Naherholungsgebiet und beliebter Standort für Events, sondern auch Teil der Europäischen Route der Industriekultur sowie der durch den Regionalverband Ruhr entwickelten Route der Industriekultur. Beide Routen verbinden Denkmäler aus der Industrialisierung miteinander und leiten interessierte Alte-Steine-Begeisterte, da sie die Industriedenkmäler touristisch erschließen.

Besonders beeindruckend bei einer Nachtwanderung bzw. Fackelwanderung sind die stilvoll beleuchteten alten Installationen der Hochöfen, die sich wie Kunstwerke in den Nachthimmel erheben. Die Fackelwanderung ist über die Webseite des Landschaftsparks buchbar und der Guide war wirklich top. Kernig, wie es sich für ein Ruhrgebiets-Original gehört, schilderte er in eindrucksvollen Worten die Geschichte des Hüttenwerks, bereichert um jede Menge Anekdoten aus der Zeit, als hier noch die Hochöfen in Betrieb waren. Doch auch zum Landschaftspark und seinen vielen Freizeitangeboten und Events konnte er jede Menge erzählen.

Dann ging es mitten hinein und wir stiegen auf den alten Hochofen 5. Dieser bietet nicht nur einen Einblick in die Technik der Eisenhütte, sondern auch einen beeindruckenden Ausblick über große Teile des Ruhrgebiets.

Die gewaltigen, beleuchteten Stahlträger erheben sich eindrucksvoll in den Nachthimmel.

Der Blick schweift über den Park in die Ferne und von unten grüßt das „Krokodil“, ein ehemaliger Kran.

Doch neben wie Kunstwerke angestrahlten Hinterlassenschaften der Schwerindustrie gibt es im Landschaftspark Duisburg, der als einer der interessantesten Stadtparks der Welt gilt und von manchen Kritikern sogar auf Augenhöhe mit der Highline in New York genannt wird, noch jede Menge mehr zu entdecken. Ob Gärten, Wiesen oder Wasserflächen, Eventlocations oder Freizeitaktivitäten wie Klettern, Wandern oder sogar Tauchen im Tauchgasometer, dem größten Indoor-Tauchgewässer Europas – hier kommt jeder Erholungssuchende auf seine Kosten. Kunstwerke, Street Food Märkte, Rockkonzerte, Sommerkino: Der umfangreiche Terminkalender bietet jede Menge Angebote rund ums Jahr. Und da man im Landschaftspark Duisburg auch einen Klettergarten des Deutschen Alpenvereins findet, gibt es dort am flachen Niederrhein auf nur wenigen Metern über Normal-Null sogar eine Alpenhütte.

Auch die alten Schornsteine ragen rot angestrahlt wie Kunstwerke in den Himmel. Auch dieser Blick von oben tat sich während der Klettertour auf dem Hochofen 5 plötzlich auf.

Und manchmal geben Beleuchtungseffekte der Struktur der alten Industriegebäude einen ganz besonderen, morbiden Charme, der tatsächlich eher an Kunstwerke als an Hinterlassenschaften einer vergangenen Schwerindustrie erinnert.

Ist das schon Kunst oder doch nur ein alter Hochofen? Vielleicht kommt es ja nur auf die richtige Beleuchtung an.

Mir hat die Fackelwanderung im Landschaftspark Duisburg-Nord auf jeden Fall sehr gut gefallen. Viel zu selten kommt man doch dazu, auch die „alten Steine“ direkt vor der eigenen Haustür zu besuchen. Das ehemalige Hüttenwerk ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

Landschaftspark Duisburg-Nord: